Der seehafen-assistenzschlepper "peter" gehört zur reederei Petersen-alpers, der ältesten Reederei, die Noch in familienbesitz ist.
Hafen-, Assistenz- oder Bugsierschlepper sind relativ kleine, sehr wendige Schlepper, die einlaufende und auslaufende Seeschiffe auf der Elbe und in den Hafenbecken beim Manövrieren und An- und ablegen unterstützen. In hamburg, Deutschlands größtem Seehafen, stehen Mehr als 20 Assistenzschlepper bereit, die teilweise eine Leistung von bis zu 80 Tonnen Zug- und Schubkraft leisten können.
moderne Seeschiffe Haben zwar sehr gute Manövriereigenschaften, dennoch wird eine Schleppassistenz in vielen Fällen von den Seeschiff-Kapitänen in Anspruch genommen. Eine generelle Schlepperpflicht gibt es nicht, in Einzelfällen kann das Oberhafenamt die Annahme aber anordnen. ,
Von der Theorie in die Praxis lautet das Motto unseres 2. Besuchs auf der „Peter“.
Nachdem wir beim ersten Mal an Bord gemeinsam mit
Hans Peter Ebert viel über Ausbildung und theoretische Anforderungen der Seefahrt gehört und gelernt haben, wird es heute für uns Landratten ernst! Die Crew hat einen Auftrag: im Hansaport soll ein Frachter vom Liegeplatz in die Elbe geschleppt werden. Weil das Hafenbecken am Anlegeplatz zu eng ist, kann der Frachter nicht alleine wenden. Wir werden von einem Schlepper der Fairplay Group begleitet, da ein Schlepper alleine das große Schiff nicht drehen kann.
Nachdem die
Fairplay 38 und die
Peter die
Maria Laura zuerst parallel von der Hafenkante wegziehen, geht es anschließend für uns rückwärts Richtung Köhlbrandbrücke. Die
Fairplay 38 achtet am Heck der Maria Laura darauf, dass alles klappt.
Irgendwann fährt der Frachter aus eigener Kraft und kommt uns dabei immer näher. Die Crew ist ganz entspannt - das ist Alltagsgeschäft für sie. Wir Landratten sind ein wenig nervös angesichts der schieren Größe des Frachters - bei ca. 25 m Höhe hat er ungefähr die Ausmaße eines 5-stöckigen Altbaus - der doch ganz schön dicht an die
Peter herankommt. Kapitän Fabian schmunzelt darüber und bleibt ganz cool: „wir haben 2 starke Maschinen und sind im nullkommanichts weg, sollte es gefährlich werden. Außerdem ist ablaufendes Wasser, was uns hilft“.
Fabian, der Kapitän, erzählt: manche fragen uns, ob wir in Hängematten schlafen - so wie auf einem Segelschiff. Andere möchten wissen, ob wir eine Paradeuniform tragen. Sie stellen sich wahrscheinlich vor, dass wir hier morgens beim Flaggenappell stehen, wie bei der Marine.
Aber wir sind ganz normale Leute und arbeiten hier einfach.
Da wir immer standby sein müssen, falls irgendetwas passiert, können wir abends auch nicht nach Hause gehen. Wenn z.B. ein Schiff einen Maschinenausfall hat, dann müssen wir sofort los - quasi wie bei der Feuerwehr, die auch Bereitschaftsdienst hat.
Wir schlafen hier an Bord, kochen und arbeiten und nach einer Woche ist eine andere Crew im Einsatz. Eine Schicht dauert 24 Stunden, an 7 Tagen. Das bedeutet, dass wir immer standby sind. Es gibt natürlich Arbeits- und Ruhezeiten. 14 Stunden beträgt die Arbeitszeit, 6 Stunden zusammenhängend die Ruhezeit. Auch der Schlepper braucht übrigens diese 6 Stunden Pause z.B. für Pflege und Wartung.
Nach einer Woche an Bord sind wir dann die gleiche Zeit zuhause.
Es gibt unterschiedliche Gründe für einen Schleppereinsatz: z.B. ein Maschinenausfall oder starker Wind. Manchmal sind auch zuwenig Schlepper eingeplant.
Und dann gibt es natürlich die geplanten Einsätze, bei denen aufgrund der Größe eines Schiffs oder der Lage im Hafen unser Hilfe benötigt wird.
Manchmal hat ein ankommendes Schiff z.B. 2 Schlepper bestellt, aber dann sagen der Lotse und der Kapitän: oh, heute ist der Wind aber stärker, lasst uns mal 3 Schlepper nehmen. Dann müssen wir sofort losfahren.
Stefan - der leitende Ingenieur -: Viel hängt z.B. auch vom Wind ab, da gibt es bestimmte Vorgaben, ab welcher Größe ein Schlepper genommen werden muss. Das ist sehr unterschiedlich je nach Wetter, Wind und Strömung.
Insgesamt gibt es mehr regelmäßige Anfragen, als Notfälle. Aber es kommt durchaus vor, dass wir gar nicht angedacht sind, aber der Frachter kann die Maschine nicht starten. Bei einem Maschinenausfall kann das Schiff nichts mehr machen und wir müssen sofort los.
Manchmal geht man ins Bett und denkt, man kann bis 8:00 Uhr schlafen, aber dann wird man um 2:00 Uhr geweckt und muss los. Oder der umgekehrte Fall: du denkst, du musst um 2:00 raus aber dann kannst Du bis 8:00 schlafen, weil sich der Einsatz nach hinten verschoben hat.
Wir bekommen eine grobe Planung von der Einsatzleitung. Darin ist die Uhrzeit, die Art der Arbeit - ist das ein Abgang oder eine Verholung - die ungefähre Zeit eingetragen. Auch um welches Schiff es sich handelt, wo die Liegeplätze sind und welche Schlepper eingeplant sind.
Diese grobe Planung gilt dann für die nächsten Stunden und wird täglich aktualisiert.
Die Einsätze sind eher für den Schlepper gefährlich wegen der Materialkosten, wenn etwas nicht so gut funktioniert! Bei Schäden am Schlepper wird es schnell sehr teuer.
Eine schlechte Ausbildung einer Crew kann Zeit kosten und gefährlich werden. Wenn wir uns länger im Gefahrenbereich aufhalten müssen, weil z.B. die Crew des Seeschiffs nicht genau weiß, was sie tun soll, erhöht sich die Gefahr für alle.
Auch für den Kapitän eines Seeschiffs kann das brenzlig werden. Wenn Du z.B. auf dem Ozean bist, vielleicht das Schiff mal brennt, dann weißt Du bei einer guten Schiffsbesatzung, dass die eine Chance das noch hinzukriegen. Bei schlechter ausgebildeten Seeleuten ist das fraglich.
*lachen* Die Steuererklärung vielleicht...
Man kann mal einkaufen gehen oder einen Kaffee trinken in Altona, wenn gerade nichts zu tun ist.
Ein anderer lernt vielleicht italienisch für den nächsten Urlaub.
Und im Sommer ist es natürlich auch toll, wenn wir hier an Bord grillen können.
Wenn man KI jetzt übersetzt mit Automation, dann ist Automation natürlich an Bord schon längst eingezogen und wird auch immer ausgefeilter. In der Maschine z.B. ist die gesamte Überwachung in der Zwischenzeit automatisiert.
Es passieren inzwischen auch weniger spektakuläre Unfälle auf See, sondern eher Maschinenausfälle, weil die Maschinen sich durch die Automation schneller selbst abschalten.
Wenn ich dann kein erfahrenes Personal an Bord habe und die verlassen sich auf die Automation, dann passiert so etwas, was wir immer wieder haben, nämlich dass ein Schiff Ballast hat, in die Drift geht, obwohl ein Anker weg ist und anfängt zu treiben. Dann treibt das Schiff mit 3,5 Knoten (ca. 6,5 Km/h) und die Maschine wird abgestellt. Die Maschine fährt wieder los, die Schraube kommt aus dem Wasser, die Maschine gerät in Überdrehzahl und dann stellt die Maschine sich ab.
Das hatten wir schon mehrfach. Dann musst Du als Schlepper das Schiff erstmal an den Hafen nehmen, weil die Maschine sich selbst an - und abstellt und die Leute an Bord das nicht in den Griff kriegen.
D.h. die Grenzen in der Automation liegen darin, wenn ich als Mensch das gar nicht mehr beeinflussen kann. Das wird KI auch nicht ändern.
Fabian: ich habe da auch ein Beispiel. Eine gute Seemannschaft schaut, ob alles läuft, weil es auch viele Fehlalarme gibt und dann muss der Mensch entscheiden: ist das jetzt für mich ausschlaggebend oder nicht. Stefan ist eines Tages in den Maschinenraum runter und da war eine Öl-Leckage. Da gab es natürlich noch keinen Alarm.
Er konnte dann schon bevor überhaupt ein Alarm kommen konnte, einen Fehler beheben.
Wenn jetzt kein Mensch mehr an Bord ist, dann kann keiner die Öl-Leckage lösen. Dann wartet man vielleicht noch 10 Minuten und in der Zeit ist die Ölwanne leer gelaufen. Dadurch wird der Öl-Level-Alarm ausgelöst und danach der Öl-Druckalarm, zuletzt schaltet die Maschine sich von selbst aus. Dann ist zwar die Maschine gerettet, aber vielleicht der Schlepper nicht.
Fabian: Die Sinnhaftigkeit der Arbeit. Ich komme aus Hamburg, und wenn man z.B. jetzt einen Tanker ranbringt, von dem man weiß, der hat Diesel an Bord und mein Vater geht morgens tanken, dann weiß ich, sein Diesel ist von diesem Schiff, das wir hereingebracht haben. Man ist ein kleines Zahnrad in diesem Getriebe und das ist natürlich schön.
Außerdem fährt man hier auf dem Schlepper fährt noch richtig Schiff.
Für Singles ist ein wunderbarer Job. Du fährst 3 Wochen und hast anschließend 3 Wochen frei. Du kannst quasi in Deiner freien Woche nach Fuerteventura fliegen, ohne Urlaub zu nehmen.
Es ist aber auch schön, wenn du in den Sonnenuntergang oder den Sonnenaufgang hineinfährst. Wir haben unsere Freiheiten hier. Hier sagt uns niemand, dass wir jetzt dies oder das machen müssen. Wir können uns alle Aufgabe selbst einteilen, auch ob wir jetzt schlafen oder etwas anderes machen.
Unsere Aufträge müssen wir natürlich erledigen, aber wie wir das machen, wann wir losfahren z.B., das ist uns überlassen.
Die Kinder finden den Job natürlich toll. Die kennen das auch nicht anders. Früher war ich einmal 4 Wochen unterwegs, da hat mich mein kleiner Sohn nicht mehr erkannt :)
Es hat Vor- und Nachteile: wenn ich jetzt nach Hause komme und eine Woche frei habe, habe ich natürlich Zeit für die Kinder. Da kann ich mit zum Fußball, hole sie ab von der Kita oder bringe sie hin. Beim Laterne laufen und an Halloween war ich leider nicht dabei.
Dafür ist unter der Woche ein Besuch im Schwimmbad oder Heidepark möglich.
Die Erledigungen und Freunde muss man natürlich in der freien Zeit auf einen Schlag "abarbeiten".
Es gibt auch die Möglichkeit, in Teilzeit zu arneiten. Oder noch etwas anderes nebenbei zu machen.
Und wir haben hier wenig Papierarbeit und fahren sehr viel, das ist toll.
Es gibt wenig Frauen in unserem Bereich, bei den 800 Lotsen gibt es gerade 5 Frauen.
Bei den Reedereien gibt es keine Frauenquote bei den aufgrund des Mangels an Frauen - sie werden aber gerne genommen, um den Frauenanteil zu erhöhen.
Wenn bei uns bei Petersen Alpers eine Frau anfangen würde, würde sie wohl eher auf dem Michel fahren, weil der Hafenschlepper größer ist als der Peter . Dort gibt es getrennte Toiletten und 6 Kammern im Gegensatz zu hier.
Petersen & Alpers ist eine der ältesten Reedereien und verfügt über 220 Jahre Erfahrung in der Seeschiffsassistenz. Die
Reederei betreibt fünf Schlepper mit einer Zugkraft von 30 bis 80 Tonnen. Die in Hamburg und auf der Elbe eingesetzten Schlepper sind:
MICHEL und
PETER.
In Deutschland gibt es Stand Dezember 2021
114 Schlepper. Andere Schiffe listet das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hier.
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Infos zur Ausbildung gibt es hier.
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